Der bekannte Party-Hit “L’amour toujours” (auf Deutsch „Liebe jeden Tag“) von DJ Gigi D’Agostino ist seit über zwanzig Jahren ein hierzulande immer wieder gern und oft gespielter Partyhit; die Österreichische Fußball-Nationalmannschaft spielte dieses Stück – bisher – immer, wenn ein Fußballspiel gewonnen wurde, jeder Discjockey greift gern darauf zurück, um eine gute Party-Stimmung zu verbreiten.

Damit ist nach dem sogenannten „Sylt-Video“ erst einmal Schluss: auf allen Fernsehkanälen und in allen sonstigen Medien wurde bundesweit ausführlich darüber berichtet, dass das Lied auf Schützenfesten, Karnevalsveranstaltungen, in Internaten, bei YouTube, Instagram und TikTok und nunmehr auch zu Pfingsten in der Bar „Pony“ auf Sylt mit dem Text „Deutschland den Deutschen – Ausländer raus“ mitgesungen wird.

Das „Sylt-Video“ ist nunmehr bundesweit zu einem Politikum geworden, wobei die deutschen Massenmedien die jungen Menschen, die den Song vermutlich be- oder angetrunken auf einer Party gesungen haben, zu Recht einhellig verurteilten und es aber nunmehr nicht nur den „Sängern“, sondern quasi im vorauseilenden Gehorsam auch dem Song selber „an den Kragen“ geht: Auf dem Münchner Oktoberfest ist das Lied ebenso wie in Fanmeilen zur anstehenden Fußball-EM verboten.

Um es eindeutig vorwegzunehmen: der aktuelle Liedtext ist nicht besonders geistreich und insgesamt eher geschmacklos. Er wirft dabei neben ethischen auch eine Reihe von juristischen Fragen auf.

Dies betrifft sowohl eine Strafbarkeit wegen der Verwendung der Parolen, als auch die Strafbarkeit des Singens und/oder Abspielens des Original-Liedes, ferner arbeitsrechtliche Konsequenzen, aber auch Fragen des Persönlichkeitsrechtes und auch Schadenersatzfragen.

 

Strafbarkeit des verwendeten Slogans „Deutschland den Deutschen – Ausländer raus“ und das Abspielen des Songs in der Original-Version

Die Verwendung z.B. des sog. Hitlergrußes (auch in anderen Formen wie der des „Römischen Grußes“), des Hakenkreuzes, der Verwendung von SS-Runen und nach jüngstem Urteil des Landgerichtes Halle (Saale) im Verfahren gegen den AfD-Politiker Höcke, wohl auch Aussagen wie „Alles für Deutschland“, sind in Deutschland durch § 86a des Strafgesetzbuches (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen) unter Strafe gestellt. Dabei ist auch geregelt, dass sich auch derjenige Deutsche strafbar macht, der diese Kennzeichen im Ausland verwendet (z.B. in den USA, wo derartige Strafvorschriften völlig undenkbar wären) oder in Medien – wie dem Internet – veröffentlicht, die auch in Deutschland zugänglich sind.

Das Grölen der Parole „Deutschland den Deutschen – Ausländer raus“ allein war nach einer älteren Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes bislang zumindest nicht unter Strafe gestellt; vielmehr war diese Aussage von der Meinungsfreiheit nach Artikel 5 des Grundgesetzes geschützt.

Gleiches gilt für den Straftatbestand der Beleidigung, wenn der Ausspruch nur allgemein und nicht z.B. einem konkreten Ausländer gegenüber getätigt wird.

Der Umstand, dass nunmehr reihenweise Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden, spricht allerdings dafür, dass es sich hier um eine „Grauzone“ handelt, bei der es immer vor allem auf die konkreten Umstände ankommt, aus denen sich am Ende dann doch eine Strafbarkeit ergeben kann (so gab es auch in der Vergangenheit in Bayern bereits Verurteilungen wegen der Verwendung des Slogans).

Eine – auch gut gemeinte – Strafbarkeit allein durch das Singen oder Abspielen des originalen Liedes – ohne den neuen, abwertenden Text – scheidet aber in jedem Falle aus und ist strafrechtlich nicht relevant.

Auch besteht keine Pflicht, derartiges anzuzeigen. Selbst ein „Dulden“ von Gesängen anderer dürfte nicht strafbar sein, eine Verpflichtung, Gesänge zu unterbinden, besteht nicht.

 

Arbeitsrechtliche Konsequenzen der Sylt-Party

Es ist bekannt geworden, dass zumindest einer jungen Frau, die im Sylt-Video mitgesungen hat, von ihrem Arbeitgeber fristlos gekündigt worden sein soll. Wäre dies zulässig?

Privates Verhalten ist grundsätzlich erst einmal kein Kündigungsgrund: Ein Arbeitgeber darf einem Arbeitnehmer nicht wegen dessen politischer Gesinnung, seiner Religion o.ä. kündigen. Soweit der immer noch gültige Grundsatz.

Die gesetzlichen Regelungen zu Kündigungen sind vor allem im Kündigungsschutzgesetz (KSchG) und dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Eine ordentliche Kündigung muss danach sozial gerechtfertigt sein (§ 1 KSchG), was bedeutet, dass sie entweder personenbedingt, verhaltensbedingt oder betriebsbedingt sein muss. Bei privatem Fehlverhalten, was öffentlich bekannt wird, handelt es sich in der Regel um eine verhaltensbedingte Kündigung. Für eine solche verhaltensbedingte Kündigung muss der Arbeitgeber nachweisen, dass ein Arbeitnehmer gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen hat und dadurch das Arbeitsverhältnis erheblich beeinträchtigt wurde. Eine vorherige Abmahnung ist in der Regel erforderlich, außer in Fällen, bei denen das Fehlverhalten so schwerwiegend ist, dass dem Arbeitgeber eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Eine Kündigung ist nur dann zulässig, wenn durch die Betätigung außerhalb des Arbeitsplatzes die Arbeitstätigkeit oder aber auch das Ansehen des Arbeitgebers beeinflusst wird, es muss aber immer eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten vorliegen. Jeder Arbeitsvertrag kann dabei aber auch eine Verpflichtung umfassen, nicht gegen Grundsätze des Arbeitgebers zu verstoßen und dadurch das Ansehen des Arbeitgebers zu beschädigen. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn jemand seinen Arbeitgeber – selbst in seiner Freizeit – verunglimpft (z.B., wenn ein Mitarbeiter des ZDF seinen eigenen Sender als „gleichgeschaltetes Systemmedium“ bezeichnet oder wenn ein Mitarbeiter einer kirchlichen Einrichtung die Bibel pauschal als „Unfug“ bezeichnet). Hierbei kommt es ebenfalls immer auf die Umstände des Einzelfalles an, z.B. darauf, ob Äußerungen vertraulich im privaten Bereich oder durch Verbreitung auf Instagram etc. erfolgen, was geäußert wurde, ob diese Äußerungen bereits strafbar sind, ob diese tatsächlich geeignet sind, dem Arbeitgeber Schaden zuzufügen usw.

Als geeigneter Maßstab erscheint hier das Beamtenrecht. Dabei werden Beamte aus dem Dienst entfernt, wenn sich diese einer Straftat vorsätzlich schuldig gemacht haben und zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wurden (selbst wenn diese zur Bewährung ausgesetzt wird!) oder ansonsten erheblich gegen ihre Dienstpflichten verstoßen, indem sie aktiv die freiheitliche Grundordnung der BRD bekämpfen.

Konkret könnte das Skandieren und Verbreiten des Ausländer-Raus-Slogans z.B. durchaus ein Kündigungsgrund für einen Angestellten, der beim Ausländeramt oder in einem Asylheim beschäftigt ist, darstellen, weniger relevant wäre dies z.B. bei einem Schäfer, der ausschließlich allein eine Schafherde hütet (Extrembeispiele).
Allerdings ist das Arbeitsrecht hier zurzeit sehr in Bewegung: In einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes aus dem Jahr 2023 ging es um rassistische Bemerkungen unter Kollegen in einer WhatsApp-Gruppe. Dabei wurde entschieden, dass Arbeitnehmern, die rassistische, sexistische, antisemitische oder andere Bemerkungen machen, die die Menschenwürde beeinträchtigen, durchaus gekündigt werden darf. Nämlich dann, wenn der betreffende Arbeitnehmer nicht davon ausgehen konnte, dass seine Äußerungen vertraulich bleiben und durch die Äußerungen eine Beeinträchtigung des Ansehens seines Arbeitgebers nicht ausgeschlossen werden kann.

Ein Arbeitgeber kann und sollte im Vorfeld z.B. durch die Erstellung eines Verhaltenskodexes und in jedem Falle durch die Sensibilisierung seiner Mitarbeiter versuchen, ungewünschtem Verhalten entgegenzuwirken. Arbeitnehmer, denen auf Grund von außerdienstlichem Verhalten gekündigt wurde, sollten eine Kündigung in der Regel immer durch anwaltliche Beratung und ggf. durch eine Klage vor dem Arbeitsgericht überprüfen lassen.

 

Wahrung und Verletzung von Persönlichkeitsrechten

War die Berichterstattung und Veröffentlichung des Videos und die Abbildung und Benennung einzelner Verantwortlicher durch die Medien so wie sie erfolgte überhaupt zulässig?

Bereits die Herstellung von Filmaufnahmen einer Person gegen deren Willen kann einen unzulässigen Eingriff in das sog. allgemeine Persönlichkeitsrecht (welches auch ein Recht am eigenen Bild beinhaltet) begründen. Dies gilt auch dann, wenn die Aufnahmen in der Öffentlichkeit gemacht werden. Nur wenn das (öffentliche) Interesse bei Würdigung aller Gesamtumstände dem Interesse am Schutze des angegriffenen Persönlichkeitsrechtes überwiegt, ist eine Veröffentlichung und eine Benennung von vollständigen Namen ausnahmsweise zulässig (z.B. bei Personen des „öffentlichen Lebens“). Bei Straftätern wird dies in der Regel nicht bejaht (deshalb auch immer bei Bildveröffentlichungen die schwarzen Balken vor dem Gesicht, auch die Nachnamen werden in der Regel immer lediglich mit dem Anfangsbuchstaben abgekürzt).

Hier ist es fraglich, ob objektiv ein öffentliches Interesse an der umfassenden Veröffentlichung von Bildern und vollständigen Namen vorlag.

Neutral betrachtet handelte es sich beim „Sylt-Video“ um Jugendliche, die sich bei einer Feier zumindest fragwürdig verhalten und zuvor wohl auch zu tief ins Glas geschaut haben. Die dort Gefilmten dürften vorliegend dennoch keine “berechtigte Vertraulichkeitserwartung” gehabt haben, da sie bewusst in die Kamera geguckt und auch in die Kamera gegrölt haben. Die Jugendlichen konnten und mussten hier damit rechnen, dass das dort gedrehte Video nicht privat bleibt, sondern an die Öffentlichkeit kommt.

Die Wiedergabe des vollständigen Videos dürfte demnach gerechtfertigt gewesen sein.

Eine Aufhebung jeglichen Persönlichkeitsschutzes (wie die Nennung der vollständigen Namen) wohl aber nicht.

Hier werden sicherlich ebenfalls Gerichte das letzte Wort haben.

 

Verbot des Songs und Schadenersatzforderungen der diversen Akteure

Rechtlich ebenso interessant ist, ob der Song selbst nunmehr verboten werden kann und ob im Zusammenhang mit dem Sylter Vorfall Schadenersatzforderungen der verschiedenen Akteure berechtigt sein könnten.

Hier könnte sich zuallererst DJ Gigi D’Agostino berechtigt fühlen, wenn sein Song nicht mehr – auch nicht in der Originalversion – gespielt werden darf. Rein praktisch hat der jahrealte Song durch die Berichterstattung zwar eine derartige mediale Aufmerksamkeit erfahren, dass er dieser Tage zu den meistgefragten Musikstücken bei den Streaming-Diensten avancierte.

Ob das Lied tatsächlich verboten wird, bleibt abzuwarten; privaten Veranstaltern wie dem Betreiber des Oktoberfestes bleibt es dabei überlassen, festzulegen, welche Art von Musik sie spielen wollen oder auch nicht zulassen wollen.

Die Besitzer der Pony-Bar könnten gegen die Jugendlichen Schadenersatzforderungen haben, weil der Ruf der Pony-Bar im Zusammenhang mit dem Vorfall in ein schlechtes Licht gerückt wurde und damit zu Umsatzeinbußen führen kann. Hier wäre ein grundsätzlicher Schadenersatzanspruch davon abhängig, ob sich das Singen der Parolen tatsächlich als strafbar erweist, auch davon, ob es tatsächlich zu Umsatzrückgängen kommt und wie ein Schaden der Höhe nachberechnet werden kann.

Gleiches gilt für die durch die Medien ggf. zu Unrecht mit Bildern und Klarnamen benannten Jugendlichen. Diese könnten Schadenersatzforderungen gegen Medienunternehmen haben, wobei auch hier der Nachweis einer konkreten Schadenhöhe schwierig sein und auch ein Mitverschulden nicht unberücksichtigt bleiben wird.

 

Fazit

Der Sylt-Vorfall wirft insgesamt eine Reihe von juristisch interessanten Fragen auf. Möglicherweise wird sich in letzter Instanz das Bundesverfassungsgericht mit Fragen in diesem Zusammenhang beschäftigen müssen. Die Ergebnisse bleiben abzuwarten.